Monnards Konzertprogramme – Bekenntnis zum Brückenschlag
Nicht nur Wegbegleiter sondern auch Wegbereiter ist der ungarische Komponist, Musikethnologe und Pianist Béla Bartók für die Komponisten, die die Programme dieses Beitrags gestalten. Er ist Dreh- und Angelpunkt beider Programmideen, die einen Blick werfen auf eine Zeit, die für Musiker existenzbedrohlich war.
Anno 1940
Béla Bartók | Divertimento für Streichorchester
Benjamin Britten | Les Illuminations op. 18 für hohe Stimme und Streicher
Igor Strawinsky | Symphonie in C
Bartók komponierte sein Divertimento für Streichorchester wenige Wochen vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, im August 1939, in der Schweiz. Zu dieser Zeit hielt er sich in Saanen im Berner Oberland in einem Landhaus des Dirigenten und bedeutenden Mäzens Paul Sacher auf. An seinen Sohn Béla schrieb er aus der Schweiz: „Irgendwie fühle ich mich wie ein Musiker der alten Zeiten“ (18. August 1939). In der Tat: der ständige Wechsel vom Tutti des gesamten Orchesters mit solistischen Passagen geschieht hier nach dem Vorbild des Barock.
Britten befand sich in einem ständigen Kampf mit sich selber und mit den gesellschaftlichen Normen. Sein Pazifismus brachte ihn dazu, zu Beginn des Krieges in die USA zu emigrieren, was ihm zuhause, auch in Künstlerkreisen, als Landesverrat angekreidet wurde. Aus seiner amerikanischen Zeit gingen einige wichtige Werke hervor, darunter das Orchesterwerk Sinfonia da Requiem, der Liederzyklus Les Illuminations sowie sein Violinkonzert. Der Zyklus von 10 Liedern nach Texten von Arthur Rimbaud ist der schweizerischen Sopranistin Sophie Wyss (1897–1983) gewidmet. Für diese Lieder braucht man eine lyrische, aber dennoch mitunter dramatisch ausgeprägte Stimme mit leichter Höhe und Durchschlagskraft in der Tiefe. Später änderte Britten die tiefen Passagen und schaffte eine vereinfachte Version um der Tenorlage seines Freundes Peter Pears (1910–1986) gerecht zu werden.
„Man knüpft an eine Tradition an, um etwas Neues zu machen.“ (Strawinsky, Musikalische Poetik, Leipzig/Wiesbaden: Insel-Bücherei Nr. 713, 1960) Aus dieser Überzeugung dürfte Strawinskys Symphonie in C entstanden sein, die eine neue Klassizität offenbart. Alle drei Werke wurden im Jahre 1940 uraufgeführt.
*) Der originale Programmzettel enthält noch, in rot durchgestrichen, den ursprünglich geplanten Termin der Uraufführung am 10. Mai 1940. Dieser wurde aber aufgrund der gefährlichen politischen Lage auf den 11. Juni verlegt. Für weitere Informationen siehe das Vorwort zur Ausgabe Béla Bartók, Divertimento für Streichorchester PB 5563, hrsg. von Ulrich Mahlert.
Bezugspunkt Bartók
Witold Lutoslawski | Trauermusik für Steichorchester in memoriam Béla Bartók
Peter Eötvös | Konzert für zwei Klaviere und Orchester
Béla Bartók | Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
Mit seiner Trauermusik gedachte der polnische Komponist Witold Lutoslawski 1958 des 13 Jahre zurück liegenden Todes von Béla Bartók. Gleichzeitig gilt diese ausschließlich für Streicher geschriebene Hommage als Schlüsselwerk für die kompositorische Entwicklung Lutoslawskis. Tatsächlich handelt es sich „in einem gewissen Grade“ um seine erste zwölftönige Komposition, deren Reihe nur die kleine Sekunde und den Tritonus verwendet. Es wird auch vermutet, dass die beiden ersten Töne F und H, mit denen das Werk beginnt, einen Symbolcharakter haben: dahinter mögen sich die Begriffe „Funebre“ und „Hungaria“ verstecken. Wohl möglich, wenn man bedenkt, dass die Trauermusik kurz nach dem blutigen Volksaufstand in Ungarn entstanden ist.
Der ungarische Komponist Peter Eötvös schrieb sein Konzert für zwei Klaviere aus Anlass des 125. Geburtstags von Béla Bartók. Als Vorläufer gilt sein „CAP-KO“ – Concerto for Acoustic Piano, Keyboard and Orchestra, das als „Sonata per sei“ für zwei Klaviere, Sampler-Keyboard und drei Schlagzeuger in einer verkleinerten Fassung direkt auf Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug Bezug nimmt. Die Anregung zu dieser Parallelschaltung von Klavier und Keyboard erhielt Eötvös aus Bartóks Klavierkonzerten, in denen er die oft vorkommenden „parallelen Läufe“ einzelner Instrumente feststellte. Im Konzert für zwei Klaviere und Orchester kehrt Eötvös wieder zum traditionellen Instrumentarium zurück. Nicht zuletzt Bartóks virtuose Kombination von Klavier-und Schlagzeugklängen nimmt er sich hier zum Vorbild.